Nachhaltiger Konsum in Zeiten multipler Krisen – Rückblick, Gegenwart, Zukunft
Definitiv lesenswert für alle Retailer und B2C Food Brands ist die aktuelle Studie der REWE Group und den Consumer Panel Services der GfK. Denn: Wie verhalten sich Konsument:innen aus verschiedenen Generationen in puncto Nachhaltigkeit und Einkauf in aktuellen Krisenzeiten?
Die Studie wurde mithilfe eines Consumer Panels bestehend aus 30.000 Haushalten durchgeführt und deckt den Zeitraum zwischen 2018 und 2023 sowie eine Prognose ab. Die Analysen der Studie beziehen sich auf die Entwicklungen der Dimensionen Klima, Bio-Nahrungsmittel, Fleisch, fleischanaloge Produkte, Milchalternativen sowie Regionalität, nachhaltige Verpackungen und Mehrweg.
- Kultureller Wandel durch junge Generationen: Die jungen Generationen bilden die Basis für einen kulturellen Wandel im Ernährungsverhalten und bringen moderne Essgewohnheiten in den Mainstream. Nichtsdestotrotz stagnierte in den Jahren 2022 und 2023 der nachhaltige Konsum aufgrund von Preisrestriktionen in den Haushalten.
- Dreieck der Ernährungstrends: Die zukünftige Ernährung wird nicht ausschließlich pflanzlich sein, sondern eher einem Trend zur vollplanetarischen Ernährung im Sinne einer Planetary Health Diet folgen. Die Einführung von Zellkultur-Produkten ("Clean Meat") könnte ein Dreieck aus qualitativ hochwertigem Fleisch, pflanzlichen Alternativen und Clean Meat etablieren, vorausgesetzt, rechtliche Hürden werden überwunden.
- Adé „Ersatz“: Pflanzenbasierte Produkte müssen ihr Image als Ersatzprodukte ablegen, um sich langfristig gegenüber Clean Meat zu behaupten.
- Nachhaltigkeit bleibt wichtig trotz Preisdruck: Die Analysen zeigen, dass die Affinitäten stabil geblieben sind und teilweise sogar weiter zunahmen.
- Regionalität als Superstar: 70 Prozent der haushaltsführenden Personen sagen, dass sie beim Kauf regionale Produkte bevorzugen, und 50 Prozent sind bereit, für regionale Produkte mehr Geld auszugeben.
Um eine nachhaltige Transformation des Konsums zu unterstützen, fordert die Studie Hersteller und Handel in Zeiten von hoher Inflation und sinkenden Einkommen auf, durch Preisangebote aktiv zur Sicherung der natürlichen Ressourcen und zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen.
-Theresa, Head of Food Campus Digital
Hochverarbeitete Lebensmittel harmloser als gedacht?
Hochverarbeitete Lebensmittel sind ungesund. Dies ist die weitläufige Meinung in der Bevölkerung und wird gerade beim Thema pflanzliche Alternativprodukte oftmals heiß diskutiert. Doch ist dem tatsächlich so?
In einer kürzlich im Lancet erschienenen Studie, wurde dies genauer untersucht. Im Rahmen der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) wurden 266.666 Teilnehmer:innen aus 10 verschiedenen Ländern über mehrere Jahre beobachtet und der Zusammenhang zwischen dem Konsum von stark verarbeiteten Nahrungsmitteln (NOVA Klasse 4) und der Entwicklung von Multimorbidität untersucht. Letztere bezeichnet das gleichzeitige Vorhandensein von mindestens zwei chronischen Krankheiten, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Krebs. Interessant ist, dass in der Kategorie der hochverarbeiteten Lebensmittel spezifische Untergruppen analysiert wurden.
Die Studienteilnehmer:innen nahmen durchschnittlich ein Drittel ihrer täglichen Kalorien durch solche Lebensmittel zu sich. Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Gesamtaufnahme von hochverarbeiteten Nahrungsmitteln und dem Auftreten von Multimorbidität. Dieser Zusammenhang wurde in den Untergruppen allerdings nur bei tierischen Produkten und gesüßten Getränken bestätigt. Saucen, Aufstriche und Gewürze befanden sich im Grenzbereich, und könnten möglicherweise auch negative Auswirkungen haben. Für andere Untergruppen wie Süßwaren, Desserts, herzhafte Snacks, pflanzliche Ersatzprodukte, Fertiggerichte und andere konnte kein erhöhtes Risiko festgestellt werden. Brot und Getreideprodukte zeigten sich in einem Grenzbereich, der auf ein potenziell verringertes Risiko hindeuten könnte.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass nicht alle verarbeiteten Lebensmittel pauschal als gesundheitsschädlich eingestuft werden können. Sie sollten in der öffentlichen Debatte differenziert betrachtet werden, da verschiedene Kategorien unterschiedliche Risiken bergen.
-Steffi, Head of Food Campus Academy & Partnerships
Die ältere Generation macht es vor
Die Studie "Weltenretter-Index 2023", durchgeführt im Auftrag von Peter Pane mit über 1.000 Teilnehmer:innen, ergab, dass ältere Menschen (60+) führend in Sachen Nachhaltigkeit sind. Neun von zehn bevorzugen nachhaltige Produkte beim Einkaufen, was 13 Prozent über dem Durchschnitt aller Erwachsenen liegt. Diese Generation achtet besonders auf regionale Herkunft, Recyclingverpackungen, Bio-Produkte, faire Produktion und nachhaltige Rohstoffe. 91 Prozent der Senioren ernähren sich umweltbewusst, was 10 Prozent über dem allgemeinen Durchschnitt liegt.
Die Studie zeigt auch, dass ältere Menschen gerne in Restaurants essen, die regionale und saisonale Produkte anbieten. Insgesamt erwarten 85 % der Deutschen von Unternehmen, dass sie ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern, und die Gastronomie wird besonders in der Verantwortung gesehen, umweltfreundliche Optionen anzubieten.
Die Studie offenbart jedoch auch wieder einmal eine Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten: Obwohl 81 Prozent nachhaltiges Essen für wichtig halten, ernähren sich nur 52 Prozent überwiegend umweltbewusst.
💡 Wir dürfen die ältere Generation nicht vergessen: Die Studie zeigt, dass Menschen über 60 Jahre besonders umweltbewusst sind. Sie bevorzugen nachhaltige Produkte, achten auf regionale Herkunft, Recyclingverpackungen und den Kauf von Bio-Produkten. Dieses Verhalten macht sie zu Vorbildern in Sachen Nachhaltigkeit und widerlegt gängige Annahmen, dass vor allem jüngere Generationen umweltbewusst handeln.
💡 New Food ist eine Lösung: Aber eben nicht die einzige zu einem nachhaltigeren Food System. Die ältere Generation für New Meat und Zellkultur-Produkte zu überzeugen, mag vielleicht schwieriger erscheinen. Aber mit der Umsetzung von großen Hebeln wie ökologischer/regenerativer Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft und Regionalität erreichen wir eben auch die ältere Generation, die bei Nachhaltigkeitsdiskussionen häufig wenig Beachtung findet oder sogar als Bremse eingestuft wird.
-Nina, Food Campus Marketing Managerin
„Iss was, Deustchland!“ TK
Im Mai 2023 führte die Techniker Krankenkasse mit dem Forsa Institut eine Umfrage unter 1704 Personen ab 18 Jahren durch, um das Ernährungsverhalten in Deutschland zu erforschen. Die spannenden Insights dieser Studie wurden nun in einem Report veröffentlicht. Wie bereits in anderen Studien zeigte sich auch hier: Der Geschmack steht an erster Stelle. 99% nannten ihn als wichtigen Faktor beim Essen, gefolgt von Gesundheit mit 92% und Nachhaltigkeit mit 77%.
Regionalität (85%), Saisonalität (81%) und die Reduktion von Verpackungen (78%) waren die vorrangigen Nachhaltigkeitsaspekte, wobei Frauen und ältere Menschen diesen eine höhere Bedeutung beimessen. So schätzten bspw. 93% der über 60-jährigen Regionalität als wichtigen Faktor ein, währenddessen nur 75% der 18-39-jährigen dies taten. Ähnlich verhielt es sich auch in den anderen beiden Kategorien.
Interessanterweise zeigte sich, dass der Kauf von Bio-Produkten für nur etwa 50% der Befragten wichtig ist, wobei Frauen (50% vs. 42%), Personen mit überwiegend pflanzlicher Ernährung (64% vs. 41%), Personen mit höherem Bildungsabschluss (59% vs. 38%) und Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 3000€ (50% vs 41%) eher zu Bio-Produkten tendieren.
Die Hauptgründe, die vom Kauf nachhaltiger Produkte abhielten, waren Schwierigkeiten bei der Bewertung der Nachhaltigkeit (60%), hohe Preise (51%) und Skepsis bezüglich des Einflusses des eigenen Konsumverhaltens (29%).
Die drei Key Facts der Studie zum Thema Nachhaltigkeit?
Nachhaltige Produkte sollten
- bezahlbar sein
- klar erkennbar & leicht verständlich sein
- aber vor allem gut schmecken
Weitere Fakten zum Ernährungs- und Trinkverhalten in Deutschland findet ihr in der Studie.
-Steffi, Head of Food Campus Academy & Partnerships
Weitere Studien und Artikel zum Weiterlesen
Proteinwende in Deutschland
Die Budget-Kommission des Deutschen Bundestages hat €38 Millionen für den nachhaltigen Proteinwandel bereitgestellt, um Deutschland in der aufstrebenden pflanzen-, zellkultur- und mikrobiell basierten Agrarwirtschaft zu führen.
Diese Investition hat das Ziel, die Entwicklung von alternativen Proteinen voranzutreiben, indem sie Forschung, Verarbeitung und ein "Zentrum für Proteine der Zukunft" unterstützt, um Deutschland bis 2030 an die Spitze dieses Sektors zu positionieren. Trotz positiver Reaktionen der Unternehmen wird betont, dass weitere substantielle Mittel und eine koordinierte Strategien notwendig sind, um das volle Potenzial dieser Innovation auszuschöpfen.
Die UK bringt Guideline für Firmen zu zellbasiertem Fleisch raus
Viele Unternehmen, die im Bereich „Zellbasiertes Fleisch“ forschen und arbeiten, stehen vor einer Menge regulatorischer Herausforderungen – langwierige Prozesse, unklare Regelungen und fehlende Genehmigungen durch strenge Sicherheitsbewertungen sind nur einige davon. Während Italien kürzlich ein Verbot von zellbasiertem Fleisch kommunizierte, bringen England und Wales eine Guideline mit Hilfestellungen für Anmeldeprozesse, Labelling, Tastings und co. heraus.
Herausforderungen der Planetary Health Diet
Eine gute Zusammenfassung der Planetary Health Diet vom Ernährungsradar. Uns hat besonders die kritische Auseinandersetzung mit den Empfehlungen der EAT-Lancet Commission gefallen und die Betrachtung der tatsächlichen Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Empfehlungen.