Fermentation ist mehr als nur eine alte Technik zur Lebensmittelkonservierung. Sie ist ein Schlüssel zur Lösung globaler Herausforderungen. Drei Studien, die zeigen, wie die moderne Fermentation die Zukunft der Ernährung prägt:
- Fermentierte Lebensmittel: Ein Boost für die Darmflora – Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut und Kimchi als Boost für die Darmgesundheit?
- Präzisionsfermentation: Der nächste Schritt zur nachhaltigen Ernährungszukunft - Wie kann Präzisionsfermentation die nachhaltige Lebensmittelproduktion revolutioniert?
- Die Revolution der Ernährung durch Präzisionsfermentation - Wie wird die rechtliche Einordnung von Lebensmitteln durch Präzisionsfermentation vorangetrieben?
Fermentierte Lebensmittel: Ein Boost für die Darmflora
Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut und Kimchi sind nicht nur kulinarische Highlights, sondern können auch die Darmgesundheit fördern. Eine aktuelle Studie unterstreicht die positiven Effekte dieser Nahrungsmittel auf unsere Darmflora. Der Verzehr von fermentierten Lebensmitteln erhöht die Vielfalt der Darmflora signifikant, was das Risiko für Darmkrebs deutlich senken kann.
Diese traditionelle Konservierungsmethode wird seit Jahrhunderten angewandt. Sie bewahrt wichtige Vitamine wie C, B2, B12 und Folsäure und sorgt durch den natürlichen Gärprozess für die Produktion essenzieller chemischer Substanzen. Dazu gehört unter anderem Buttersäure, die eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung der DNA in unseren Stammzellen spielt und entzündliche Reaktionen im Körper regulieren kann.
Die Milchsäurefermentation ist ein Prozess, bei dem gesundheitsfördernde Laktobazillen Zucker und Stärke in Milchsäure umwandeln. Dieser Prozess trägt nicht nur zur Haltbarkeit von Lebensmitteln bei, sondern fördert auch eine gesunde Darmflora. Expert:innen empfehlen daher, täglich fermentierte Lebensmittel zu sich zu nehmen, wobei insbesondere selbst hergestellte oder Bio-Produkte bevorzugt werden sollten. Diese Lebensmittel enthalten eine höhere Anzahl an Bakterien, die für die Fermentation wichtig sind, und sind nicht durch Pasteurisierung in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt.
Durch den Verzehr fermentierter Lebensmittel tun wir also nicht nur unserem Gaumen, sondern auch unserer Gesundheit einen großen Gefallen.
Präzisionsfermentation: Der nächste Schritt zur nachhaltigen Ernährungszukunft
Diese Technologie verbindet Nachhaltigkeit mit moderner Biotechnologie und eröffnet neue Horizonte für die Lebensmittelproduktion. Die Präzisionsfermentation ist eine innovative Methode, die es ermöglicht, essenzielle Lebensmittelbestandteile wie Proteine, Fette und Oligosaccharide (Mehrfachzucker) durch die Modifizierung von Hefen und Mikroorganismen herzustellen. Was traditionell aus umweltbelastenden Quellen gewonnen wurde, kann nun nachhaltig produziert werden. Die Präzisionsfermentation ist ein wichtiger Baustein für eine ethisch verantwortungsvolle und umweltschonende Ernährung.
Die Studie von Mary Ann Augustin und Kolleg:innen zeigt das enorme Potenzial dieser Technologie auf und beleuchtet auch die damit verbundenen wirtschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen.
Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Vision einer Lebensmittelproduktion durch Präzisionsfermentation, die den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft gerecht wird, ein Beispiel für den Fortschritt in Richtung einer nachhaltigeren Ernährungszukunft. Mit einem klaren Fokus auf Sicherheit, Geschmack und der Überwindung regulatorischer Barrieren hat die Präzisionsfermentation das Potenzial, die Lebensmittelindustrie zu transformieren und einen wesentlichen Beitrag zu einer gesünderen und nachhaltigeren Welt zu leisten.
Die Zukunft der Ernährung: Präzisionsfermentation und rechtliche Richtlinien für neue Lebensmittel in der EU
An der Universität Bayreuth wird ein zukunftsweisendes Forschungsprojekt durchgeführt, das sich mit der rechtlichen Einordnung und Markteinführung von Lebensmitteln befasst, die durch Präzisionsfermentation hergestellt werden. Die Studie untersucht, wie Produkte, die aus naturidentischen Proteinen bestehen und als Alternative zu tierischen Lebensmitteln dienen, den europäischen Markt erobern können.
Es wird untersucht, unter welche rechtlichen Bestimmungen diese neuartigen Lebensmittel fallen. Es gibt eine Unterscheidung zwischen der Novel Food Verordnung für neuartig produzierte Nahrungsmittel und der Verordnung über gentechnisch veränderte Lebensmittel. Diese Unterscheidung hängt davon ab, ob in der Produktion genetisch modifizierte Organismen zum Einsatz kommen. Ein Beispiel für ein solches Produkt ist 'tierfreier' Käse, der aus naturidentischen Milchproteinen hergestellt wird.
Das Team von Prof. Dr. Kai Purnhagen hat intensiv recherchiert, um herauszufinden, wie solche Produkte zugelassen und deklariert werden dürfen. Dabei spielen auch die Deklarationsmöglichkeiten eine wichtige Rolle: Kann ein durch Präzisionsfermentation erzeugter Käse als vegan gekennzeichnet werden? Sind Bezeichnungen wie „Käse“ oder „tierfrei“ rechtlich zulässig?
Die Ergebnisse des Projekts bieten wertvolle Einblicke für die Wissenschaft sowie praktische Leitlinien für Start-ups und etablierte Unternehmen, die innovative und nachhaltige Lebensmittelalternativen entwickeln möchten. Die Studie schafft durch die Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen eine solide Basis für die zukünftige Entwicklung und Vermarktung von Produkten der Präzisionsfermentation in der Europäischen Union.
Zusammenfassung
Die Ergebnisse dieser Studien werden nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen Beachtung finden, sondern thematisch auch auf dem bevorstehenden Fermentation Summit eine zentrale Rolle spielen. Das Event versammelt Expertinnen, Innovator:innen und Unternehmer:innen, um die Zukunft der Lebensmitteltechnologie zu diskutieren und die neuesten Entwicklungen im Bereich fermentierten Lebensmitteln von traditionellen Praktiken bis hin zu modernen Innovationen zu präsentieren.
Quellen:
Wastyk et al., (2021). Gut-microbiota-targeted diets modulate human immune status. Cell. https://www.cell.com/action/showPdf?pii=S0092-8674%2821%2900754-6
Augustin, M. A., Hartley, C. J., Maloney, G. R. & Tyndall, S. M. (2023). Innovation in precision fermentation for food ingredients. Critical Reviews in Food Science And Nutrition, 1–21. https://doi.org/10.1080/10408398.2023.2166014
Federica Ronchetti, Laura Springer, Kai P. Purnhagen: „The Regulatory Landscape in the EU for Dairy Products Derived from Precision Fermentation. An Analysis on the Example of Cheese“; https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-49692-9