Im Interview spricht Julius Palm, Leitung Strategie & Marke und stellvertretender Geschäftsführer von followfood, über die Mission und Zukunft des Unternehmens. Followfood setzt auf Transparenz und Rückverfolgbarkeit, um Konsument:innen nachhaltige Kaufentscheidungen zu ermöglichen. Mit einem breiten Sortiment, das von Fairtrade Thunfisch bis zu veganer Bio-Tiefkühlpizza reicht, zeigt followfood, wie zukunftsfähige Lebensmittelproduktion aussehen kann.
Kannst du uns kurz – in 5 Sätzen – erklären, was ihr bei followfood macht?
Mit followfood sind wir eine der innovativen nachhaltigen Lebensmittelmarken in Deutschland. Der Kerngedanke: Nachhaltige Produkte über einen Tracking-Code transparent nachvollziehbar machen. Von der Herkunft bis zur individuellen Ökobilanz erfährst Du alles Notwendige, um eine informierte nachhaltige Kaufentscheidung treffen zu können. Wir wollen damit nicht nur zeigen, was wir besser machen, sondern auch die Möglichkeit schaffen, dass Menschen nicht nur unserem Marketing vertrauen müssen, sondern sich selbst versichern können. Mit über 150 Produkten - von handgeangeltem Fairtrade Thunfisch, über vegane Bio TK-Pizza, bis zu einer nachhaltigen Bio Nuss- und Trockenfrüchterange – wollen wir als Leuchtturm zeigen, wie eine zukunftsfähige Lebensmittelversorgung schon heute aussehen kann.
Wie sieht für Dich die Ernährung der Zukunft aus?
Eine Lebensmittelversorgung innerhalb der planetaren Grenzen! Denn wir wissen: Was wir essen verändert die Welt! Und das erheblich. Es ist die größte Ursache für die Überschreitung der planetaren Grenzen. Das Gute ist, die Lösungen sind da und sie können sogar die planetaren Grenzen gesunden! Mit followfood wollen wir genau dafür ein Leuchtturm sein. Wir brauchen produktive Foodsysteme, die mit der Natur, statt gegen sie arbeiten. Eine regenerative Lebensmittelproduktion, die nicht nur den Output von Lebensmitteln zum Ziel hat, sondern Landwirt:innen gleichzeitig auch Ökosystemwirt:innen sind. Denn sie sorgen nicht nur für Essen, sondern sind zentral für sauberes Wasser, saubere Luft, stabile Ökosysteme, CO2 Speicher, fruchtbare Böden und vieles mehr verantwortlich. Das ist eine Verantwortung, die wir als Gesellschaft honorieren müssen. Das geht nicht nur über den Abgabepreis der Lebensmittel. Das wird nicht funktionieren und wäre sozial nicht gerecht, da die Lebensmittelpreise ins Unermessliche schießen würden. Es braucht Foodsysteme die ganzheitlich betrachtet werden und gleichzeitig als Gesundheits-, Wassermanagement-, Katastrophenschutzsysteme etc. in unser gesellschaftliches Verteilungssystem eingebunden sind. Dafür müssen wir die externalisierten Kosten und Effekte transparent machen und internalisieren. Denn wir zahlen auch jetzt schon dafür, aber bekämpfen nur die Symptome, anstatt aktiv zu gestalten.
Wie kam es, dass aus followfish zu followfood wurde? Und wo soll die Reise noch hingehen?
Wir starteten 2007 als erste nachhaltige Fischmarke followfish. Die Vision war: Mit einem Geschäftsmodell die Welt verbessern und ein gesellschaftliches Problem dort verändern, wo es verursacht wird. Nach ein paar Jahren erfolgreich am Markt, mit guter Resonanz, haben wir gemerkt, dass unsere Vision nicht beim Fisch aufhört. Unsere Welt funktioniert in Kreisläufen und alles hängt mit allem zusammen. Uns wurde klar, dass wenn wir wirklich einen Leuchtturm für die Zukunft bauen wollen, müssen wir uns das ganze Foodsystem anschauen. Wir können noch so nachhaltig unseren Fairtrade Thunfisch mit der Hand angeln, wenn die Eintragungen durch Dünger und Pestizide aus der Landwirtschaft anhalten, degradieren die Meeresökosysteme und es wird trotz nachhaltiger Fischerei viele Fischbestände nicht mehr geben. Das war die Geburtsstunde von followfood – einer ganzheitlichen nachhaltigen Lebensmittelmarke. Ein Angebot für eine zukunftsfähige Lebensmittelwelt.
Bisher seid ihr mit dem Vertrieb auf B2C fokussiert, plant ihr eine Extension auf B2B-Ebene (Gemeinschaftsverpflegung/Gastronomie)?
Wir machen schon vereinzelt Kooperationen im Gastrobereich. Zum Beispiel haben wir die erste Bio-Vegane Stadionwurst der Bundesliga bei unserem Partner FC St. Pauli eingeführt und insgesamt gemeinsam das Stadioncatering mit über 50% Bio-Anteil nachhaltiger gemacht. Unser Fokus liegt aber klar auf B2C, weil wir hier öffentlichkeitswirksam unsere Vision und Botschaft platzieren können. Wir träumen davon, das auch im Gastrobereich zu schaffen. Hier liegt ein unglaublicher Hebel. Gleichzeitig ist hier die Wahrnehmung und Nachfrage nach nachhaltigen Alternativen und damit auch die Preisstruktur geringer. Das macht es zu einem neuen Geschäftszweig mit neuen Herausforderungen, den wir erstmal noch nicht fokussieren. Falls das hier aber jemand liest und Lust hat, gemeinsam etwas umzusetzen und zu zeigen, wie Nachhaltigkeit und Transparenz auch in der Gastro umgesetzt werden kann – gerne!
Welche Hebel, welches Narrativ braucht es, um die Akzeptanz für eine gesündere Ernährung und Nachhaltigkeit in der Bevölkerung zu steigern?
Wir müssen als Unternehmen zeigen, dass wir glaubhaft die Verantwortung übernehmen. Die Komplexität der Nachhaltigkeit im Lebensmittelbereich, ist für Privatpersonen fast nicht zu durchblicken. Das klassische Nachhaltigkeits-Marketing ist durch Greenwashing verbrannt. Es braucht Marken, die nicht nur Ihrer Verantwortung gerecht werden, sondern diese auch durch authentische Kommunikation vermitteln. Dadurch können Marken zur Orientierung im Trubel des Alltags werden. Diese schaffen wir nicht, durch anprangern von Missständen, sondern durch das Liefern von glaubhaften Lösungen. Damit wird Marketing Teil des Kerngeschäfts. Denn dann können wir nur echte Geschichten aus den Lieferketten erzählen und keine Narrative konstruieren.
KI ist schon jetzt ein Riesenthema beim Tracking. Wo setzt ihr sonst noch KI / Robotic im Unternehmen ein?
Es ist noch nicht klar, welchen Beitrag KI wirklich im Geschäftsbetrieb, auch beim Tracking, liefern kann. Aber klar ist: Wir brauchen intelligente Automatisierungssysteme, um die Datenströme zu managen und Informationen zu generieren.
Kurz & Knapp
Was begeistert dich an Food?
Es ist die Wurzel, der Kern von so vielem und die beste Metapher fürs Leben.
Was macht deinen Tag perfekt?
Gutes Essen in guter Gesellschaft.
Was sind deine „guilty food pleasures“?
Süß-salziges Popcorn. Der perfekte Suchtloop.
Was sind deine Lieblingsblogs oder Podcasts?
Bisschen nerdig, aber umso relevanter: lebensraum-permakultur.de - von Stefan Schwarzer. Einer der inspirierendsten und besten Quellen für zukunftsfähige Landwirtschaft.
Welche interessanten Statistiken, Studien, Kennzahlen zitierst du gerne und am häufigsten?
Kein anderer gesellschaftlicher Handlungsbereich oder Wirtschaftszweig hat so einen großen Einfluss auf die Plantaren Grenzen wie der Lebensmittelbereich. 30% der THG, über 70% des Biodiversitätsverlusts, über 70% des Süßwasserverbrauchs uvm.